Grau war niemals grau. Nicht für den, der die Felsen gesehen hat. Sie werden von silbergrauen Schlieren überzogen. Der Regen verfärbt sie in mattglänzendes Grau, dort wo nicht die dunkelgrauen Ritzen scharfe Kanten in den Stein zeichnen. Wohingegen das Grau der Krone dieser Felsen kaum auszumachen ist, so fern schwebt sie über dem Betrachter. Die Felsen, denen wir entlang fahren, sind eine stille Erinnerung daran, wie klein der Mensch ist.
Wir fahren den Kystriksveien, von Bodø nach Namsos, 650km alles der Küste entlang. Gelangen wir an einen Fährhafen, haben wir die Fähre bestimmt gerade um 10 Minuten verpasst. Ein, zwei Stunden später kommt die nächste Fähre, spuckt, kaum angelegt, die Autos hinaus und legt schon beinahe wieder ab, als das letzte drauffährt. Es ist ein gemütliches, zeitloses Gondeln der Küste entlang. Nachts verkriechen wir uns in ein Waldstück oder hinter einen Hügel, bis wir vielleicht wiedermal eine Dusche benötigen und einen Campingplatz aufsuchen.
Weiter südlich erleben wir das entspannte, abwechslungsreiche Trondheim und gelangen zum bekannten Geirangerfjord, dessen tiefe Wasser sich einsam durch die Berge schieben. Der Himmel bleibt grau in diesen Tagen, grau in all seinen Abstufungen bis zum prächtigen, dichten, flockigen weiss. Wir nehmen uns für einige Tage eine Wohnung in Ålesund und geniessen die Zeit.
Zum schlechten Wetter gehört auch Wind, viel Wind. In Island war das tägliche Wind-Bulletin Pflichtlektüre. Unser Zelt mag manchmal nicht so wasserdicht sein (spürt man, wenn es nachts ins Gesicht tropft), doch starkem Wind hat es noch weniger entgegen zu setzen. Wenn es windet, fühlt sich im-Zelt-liegen an, als hätten wir unsere Behausung auf einem fahrenden Güterwagen aufgestellt. In Island war ein Tag ohne Wind, wie ein 6er im Lotto. Aber Norwegen steht dem offensichtlich in nichts nach. Bereits zum zweiten Mal durften wir den Ausläufer eines Hurrikans erleben. Wir haben beobachtet, wie sich Hausdächer im Wind anhoben, wie Lastwagen ins Taumeln gerieten, wie die Gischt über das Meer getrieben wurde. Und wir wurden vom Wind in den Schlaf gewiegt (trotz mehr oder weniger solidem Holzhaus). Mal sehen, wohin uns der Wind als nächstes treibt 🙂