Die mächtige Gewalt der Natur entlädt sich über unseren Köpfen wie ein zorniges, donnerndes, leuchtendes Ungeheuer. Braune Wassermassen bahnen sich mit zerstörerischer Kraft ihre Wege. Sie reissen mit sich, was ihre nassen Fangarme zu greifen bekommen: Bäume, Laternen, Wasserleitungen – und unser Mietauto. Fassungslos starren wir auf den zornigen Fluss, der sich vor unseren Augen mitten durch den Campingplatz zieht, auf dem unser Auto steht. Wir tragen bloss unser Badezeugs und ein Handy bei uns, alles andere befindet sich dort in der Stahlkarrosse – unser Gepäck, unsere Ausrüstung, unsere Pässe und Karten. Das Wasser ist unbezwingbar, schlägt über die Motorhaube des Wagens und schiebt ihn weg von seinem Standort und weg von uns.
Das Abenteuer ging glimpflich aus. Unser Auto wurde an einen kräftigen Baum gespült, der es vor dem Überschlagen bewahrte. Als die Springflut vorbei war, konnten wir all unsere Sachen aus dem Auto holen und in die Lodge bringen, zu der der Campsite gehört. Nach viel waschen und trocknen in der warmen Wüstensonne ist das Meiste wieder brauchbar.
Das Auto hat (wahrscheinlich) Totalschaden. Am nächsten Morgen wurde das zerstörte Auto aus dem Sumpf gezogen und einen Tag später hatten wir bereits ein neues Mietauto. Selbst die eine Spiegelreflexkamera, die ebenfalls im Schlamm geschwommen ist, funktionierte teilweise wieder. Die Versicherung wird den Schaden am Fahrzeug decken. Aber wir haben viel gelernt dabei: parkiere dein Auto während der Regenzeit NIE neben einem ausgetrockneten Fluss (der kann alle 50 Jahre einmal kräftig über die Ufer treten).
Einige Tage später fahren wir in die Wüste hinaus – dorthin, wo das ganze Wasser hingespült wurde. Die Rücken von mächtigen, sandigen Riesen schlummern dort dicht an dicht und erhalten einen grünen Flaum, wenn zum ersten Mal nach zehn Jahren wieder Wasser zwischen die Sanddünen im Sossusvlei läuft. Es ist ein «Once-in-a-lifetime»- Anblick, wie uns die Namibier immer wieder bestätigen. Es entschädigt selbst das Rührei-Desaster im Kühlschrank, entstanden durch das Fahren auf den Sandpisten. So fahren wir weiter Richtung Namibias Norden – ganz ohne Sorgen 🙂